Hilfsangebote von Einrichtungen der Behindertenhilfe und Privatpersonen für geflüchtete Ukrainer*innen mit Behinderung
Nach dem Ausbruch des Ukrainekrieges war im Handicap-International-Projekt „Crossroads“ schnell klar, dass unter den Geflüchteten Personen sein werden, die besonders schutzbedürftig sind, weil sie eine Behinderung haben. Die Frage war: „Wie lässt sich speziell ihnen möglichst passgenau und vor allem niedrigschwellig helfen?“
Um den geflüchteten Menschen mit Behinderung schnell und unkompliziert Hilfsangebote machen zu können, betreiben Crossroads und die Initiative Selbstbestimmt Leben (ISL) seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine die Vermittlungsplattform Hilfsabfrage. Über die Website werden geflüchtete Menschen und deren Angehörige, aber auch Hilfsorganisationen an den Grenzen zur Ukraine mit Einrichtungen der Behindertenhilfe in Deutschland zusammengebracht. Damit sollen Lücken in der Versorgung geflüchteter Menschen mit Behinderung geschlossen werden.
Über Hilfsabfrage werden Unterstützungsangebote vermittelt
Hilfsabfrage eine digitale Plattform für die digitale Vermittlung von Hilfsangeboten an Einzelpersonen via Matching: Ein Pflegebett in einer Einrichtung, Transporte in ärztliche Praxen, Rollstühle, die eine Einrichtung für den Gebrauch aus dem Lager holt – die Angebote sind alltagsnah und kommen von den Trägern selbst. Bislang beteiligen sich ca. 200 Einrichtungen, über 80 Personen haben eine bedarfsgerechte Unterstützung gefunden. Größere Wohneinrichtungen wie die Lebenshilfe oder die Deutsche Fachpflege machen mehr Angebote und sind dadurch sichtbarer, aber alle Wohneinrichtungen sind gleichermaßen aktiv.
El Mahdi Elidrissi: „Über Hilfsabfrage treffen wir auf Menschen mit sehr unterschiedlichen Bedürfnissen. Häufig sind darunter Familien, in denen eine oder zwei Personen Behinderungen haben. Unser Ziel ist es nun natürlich, zu vermeiden, dass die Familien getrennt werden, und für sie einen passenden Ort zu finden. Dieser Prozess ist sehr zeitraubend, deswegen ist die Hilfe von ehrenamtlich Tätigen sehr wichtig.
Auf der Suche nach Unterstützungsangeboten
Aufgesetzt wurde die Plattform vom Büro des Landesbehindertenbeauftragten in Bremen. Nachdem Crossroads und ISL die Betreibung von Hilfsabfrage übernommen haben, kamen Ehrenamtler*innen hinzu, aktuell sind es fünf. Zusammen entwickeln sie Hilfsabfrage nicht nur weiter, sondern sind auch ständig auf der Suche nach Wohneinrichtungen, die geflüchtete Menschen mit Behinderung aufnehmen können.
Bei Hilfsabfrage spielt das Ehrenamt eine große Rolle
Um ehrenamtlich tätige Personen für Hilfsabfrage zu gewinnen, schaltete Crossroads eine Anzeige. Daraufhin kamen Martin, Maren, Lena, Sergej und Wiebke ins Team. Martin ist technikaffin, er betreut wie alle Ehrenamtler*innen die Datenbank und tauscht sich mit den Einrichtungen aus. Maren unterstützt als Onlineredakteurin bei E-Mails und Telefonaten mit Einrichtungen und bei Matching-Anfragen, zusammen mit Wiebke, Lena und Sergej, der mit den Geflüchteten auf Russisch sprechen kann.
Die ehrenamtlich tätigen Personen rufen in Einrichtungen an, die auf Hilfsabfrage eine „Statusänderung“ vornehmen, um zu erfahren, ob ein Angebot bereits vergeben ist. Auch klärt es Fragen einer Einrichtung, nachdem sie jemanden aufgenommen haben, und sammelt die Erfahrungen der Einrichtungen mit der Aufnahme der Geflüchteten. Die Informationen werden in eine Datenbank übernommen. Immer wieder bitten die Ehrenamtler*innen die Organisationen, für Hilfsabfrage zu werben und ihr Angebot auf dem Laufenden zu halten.
Manchmal finden Suchende keine Einrichtung. Dann wenden sie sich an Crossroads, und die Ehrenamtler*innen versuchen, auf Hilfsabfrage etwas Passendes zu finden. Finden sie hier nichts, sprechen sie andere Einrichtungen an, die noch keine Angebote eingestellt haben, aber passen könnten. Bei der Gelegenheit werben sie für die Plattform.
Hilfsangebote von Privatpersonen
Dass Privatpersonen Angebote auf Hilfsabfrage veröffentlichen können, war anfangs gar nicht so klar. Zu groß schien das Risiko, dass die Geflüchteten an Kriminelle geraten. Dass das aber mittlerweile geht, liegt daran, dass Crossroads zusammen mit ISL ein Verfahren zur Identitätsprüfung von Privatpersonen, die Geflüchtete mit Behinderung aufnehmen möchten, entwickelt hat.
Die Bedarfe der Geflüchteten sind sehr unterschiedlich, aber manche möchten in eine Wohneinrichtung in der Stadt, in der Familie und/oder Bekannte. Um hier möglichst große Erfolgschancen bieten zu können, sind die Angebote der Einrichtungen wichtig. In einem Aufruf an die Einrichtungen der Behindertenhilfe wirbt Crossroads dafür, sich mit Angeboten rege zu beteiligen.