Crossroads bringt in einer Onlinekonferenz zivilgesellschaftliche Akteure, Politik und Fachkräfte zusammen

Das Projekt »Crossroads« von Handicap International veranstaltet am 6. Dezember 2022 eine Onlinekonferenz, bei der sich Entscheidungsträger*innen aus Politik und Verwaltung und Akteure der Behindertenhilfe informieren, austauschen und vernetzen können. Die Veranstaltung ist wesentlich für die Aufnahme geflüchteter Menschen mit Behinderung in Deutschland.

Bei der ganztägigen Onlinekonferenz »Was können wir aus der Aufnahme geflüchteter Menschen mit Behinderung aus der Ukraine für die Inklusion geflüchteter Menschen in Deutschland lernen? Erfahrungen – Herausforderungen – Lösungswege«, einer Konferenz, die dem Austausch und der Vernetzung dient, kommen Betroffene, Politik und Fachkräfte zusammen. 

Austausch, Wissenstransfer, Vernetzung, Ausblick

Im Fokus der Konferenz stehen 

  • Erfahrungen mit der Aufnahme geflüchteter Ukrainer*innen mit Behinderung in Deutschland,
  • die gesetzliche Rahmung eines Aufenthaltes dieser Gruppe in Deutschland,
  • Impulse für politische Handlungsfelder und Verbesserungsbedarfe,
  • Erkenntnisse von Organisationen der Behindertenhilfe, Verwaltung und Politik aus den Erfahrungen mit der Aufnahme ukrainischer Geflüchteter mit Behinderung,
  • die Nutzbarmachung der Erkenntnisse für die Verbesserung des Aufnahmeprozesses für alle geflüchteten Menschen, die eine Behinderung haben,
  • die Organisationen und Initiativen, die sich engagiert in die Evakuierung, Unterbringung, Beratung und Unterstützung ukrainischer Geflüchteter mit Behinderung einbringen.

Gesprächsformate sind eine Podiumsdiskussion mit Politiker*innen, Vertreter*innen des BMAS, des Paritätischen und von Ambulanz ohne Grenzen, aber auch Arbeitsgruppen und Impulsvorträge von Jürgen Dusel, dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, und Reem Alabali-Radovan, der Bundesintegrationsbeauftragten, sowie Workshops für die Vernetzung bietet das Programm.

Die Veranstaltung wird simultan ins Ukrainische, Russische, Englische, Arabische sowie in Farsi (bei Bedarf) übersetzt. Außerdem übersetzen Gebärdendolmetscherinnen in deutsche und ukrainische Gebärdensprache. Schriftdolmetscherinnen übernehmen die deutsche und russische Schriftdolmetschung.

Verbesserungen auch für nichtukrainische Geflüchtete nutzbar machen

»Seit dem 24. Februar 2022 gibt es vonseiten der Behindertenhilfe, der Sozialverbände und von vornehmlich ehrenamtlich geführten Initiativen ein enormes Engagement für die Menschen, die aus der Ukraine flüchten und eine Behinderung haben«, sagt Dr. Susanne Schwalgin, Leitung des Projektes Crossroads. »Die geplante Konferenz wird ein Forum sein, in dem die Arbeit der zivilgesellschaftlichen Akteure, Fachkräfte und Ehrenamtlichen sichtbar werden wird.« Aber nach acht Monaten Krieg und Flucht nach Deutschland gehe es nun auch darum, den Blick zu weiten und die Verbesserungen, die unter anderem durch Anpassungen des gesetzlichen Rahmens, in dem die Aufnahme der Geflüchteten erfolgt, auf Geflüchtete zu übertragen, die nicht aus der Ukraine kommen. Denn für die gelte bislang weiterhin das Asylbewerberleistungsgesetz, das eine menschenwürdige Versorgung geflüchteter Menschen mit Behinderung nicht erlaube (siehe »Da sind eklatante Lücken in der Versorgung von Geflüchteten mit Behinderung«). »Hier wollen wir schauen, welche Erfahrungen und Erkenntnisse aus der aktuellen Fluchtbewegung wir nutzen können, um die Lage geduldeter und asylsuchender Menschen zu verbessern«, sagt Karsten Dietze, Referent bei Handicap International. Dafür wird im Rahmen der Veranstaltung ein Vergleich angestellt: zwischen der Aufnahme und Situation geflüchteter Menschen mit Behinderung aus der Ukraine und der Aufnahme und Situation der gleichen Personengruppe aus Ländern wie Syrien oder aus afrikanischen Ländern.

Hintergrund

Seit Beginn des Krieges in der Ukraine wurden in Deutschland Stand Oktober 2022 laut Bundesinnenministerium mehr als eine Million geflüchtete Menschen aus der Ukraine registriert. Geschätzt 10 bis 15 Prozent von ihnen haben eine Behinderung. Die Behinderung kann angeboren sein, sie kann aber auch erworben sein, zum Beispiel durch den Krieg oder durch einen Unfall. Menschen mit einer Behinderung benötigen barrierearmen/-freien Wohnraum, eine medizinisch-therapeutische Versorgung, Hilfsmittel wie einen Rollstuhl, Prothesen oder Hörhilfen und die Möglichkeit zur gesellschaftlichen Teilhabe. Diese Leistungen erbringt Deutschland für geflüchtete Menschen mit Behinderung oftmals nicht, Grund dafür ist die Gesetzeslage oder Behörden, die bei der Bewilligung von Leistungen oftmals gegen die unterstützungsbedürftigen Menschen entscheiden. Weiterhin ursächlich für die mangelhafte, sogar menschenunwürdige Behandlung der geflüchteten Menschen mit Behinderung ist die fehlende Identifizierung der Bedarfe dieser Menschen bei der Aufnahme, sobald die Leute in Deutschland eintreffen. Handicap International weist seit langem auf diesen Missstand und dessen Konsequenzen für die Betroffenen hin (zum Beispiel hier).