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Der Inhalt dieser Website wird zeitnah an die gesetzlichen Änderungen durch das sog. Rückführungsverbesserungsgesetz angepasst, das am 27.02.2024 in Kraft getreten ist. Eine Übersicht einiger Änderungen finden Sie hier.

Leitfaden zur Beratung geflüchteter Menschen mit Behinderung (Nachschlagewerk von Gag/Weiser)

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Der „Leitfaden zur Beratung von Menschen mit einer Behinderung im Kontext von Migration und Flucht“ in der Roadbox

Die in diesem Kapitel bereitgestellten Informationen basieren auf dem „Leitfaden zur Beratung von Menschen mit einer Behinderung im Kontext von Migration und Flucht“ von Maren Gag, passage gGmbH, Hamburg, und Dr. Barbara Weiser, Caritasverband für die Diözese Osnabrück e. V. Er ist das Standardwerk zur Beratung von Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund und einer Behinderung und liegt bereits in der zweiten Auflage (2020) vor.

Der Leitfaden informiert über behinderungsspezifische Sozialleistungen zur medizinischen Rehabilitation, Teilhabe am Arbeitsleben, sozialen Teilhabe und Teilhabe an Bildung, Pflege und zu Verbesserungen für Menschen mit einer Schwerbehinderung. Im Fokus steht die Frage, inwieweit Geflüchtete und andere Migrant*innen den gleichen Zugang zu Leistungen wie deutsche Staatsbürger*innen haben.

Die beiden Autorinnen Maren Gag und Dr. Barbara Weiser haben die zentralen Informationen des Leitfadens für den Roadbox-Abschnitt „Zugang zu Sozialleistungen“ angepasst, und das Projekt Crossroads von Handicap International hat ihn als barrierefreies PDF-Dokument gestaltet.

Zudem liegt der Beratungsleitfaden als Download und Broschüre vor:

Hinweise zur Verwendung des Leitfadens mit Hilfe der Roadbox

Die Beratung von Menschen mit einem Migrations- oder Fluchthintergrund und einer Behinderung ist für viele Akteur*innen Neuland. Insbesondere Fachkräfte in Migrations- und Flüchtlingsberatungsstellen sowie in Einrichtungen der Behindertenhilfe sind häufig damit konfrontiert, dass Menschen mit einer Behinderung und einer ausländischen Staatsangehörigkeit faktische und sozialrechtliche Ausschlüsse erfahren. Dies betrifft Beratungs-, Unterstützungs- und Rehabilitationsangebote, die Teilhabe an Bildungsmaßnahmen oder Unterstützungsinstrumente zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Ebenso kommt dies unter anderem bei Anträgen auf Kostenübernahme bei Hörgeräten, Seh- und Mobilitätshilfen sowie bei der Nachfrage nach heilpädagogischen beziehungsweise therapeutischen Fördermöglichkeiten vor.

Die Kurzinformationen in dieser Roadbox dirigieren die Nutzer*innen zu den entsprechenden Abschnitten des Beratungsleitfadens, damit sie genauere Antworten zu Fragen erhalten, die in der Beratung gestellt werden. Um die jeweiligen Seitenzahlen aufzurufen, auf die in den folgenden Abschnitten verwiesen wird, öffnen Sie bitte das Leitfaden-PDF und geben im Suchfeld mit der Lupe (oder mithilfe der Tastenkombination Strg + F) oben links die jeweilige Seitenzahl ein. Die Seitenangaben sind in beiden PDF-Versionen (barrierefrei und nichtbarrierefrei) identisch.

Die Roadbox mit ihren FAQs sowie der Leitfaden zum Download und als barrierefreie Version sind Arbeitsinstrumente. Sie ergänzen sich. Mit ihnen unterstützen wir Fachkräfte bei ihrer Beratung in den Arbeitsfeldern der Migrant*innen- und Behindertenhilfe.

In der Roadbox | Flucht. Migration. Behinderung finden Sie folgende Abschnitte:

  • Nützliches Wissen für die Beratung
  • Zu den einzelnen Sozialleistungen
  • Schwerbehinderung
  • Durchsetzung des Rechts auf Leistungen

Komplexer Rechtsrahmen bei Sozialleistungen für Migrant*innen

Mit dem Begriff „Migrant*innen“ werden Gruppen bezeichnet, die schon seit langem nach Deutschland migrieren, um eine Beschäftigung zu finden, eine Ausbildung oder ein Studium aufzunehmen oder als Angehörige ihrer bereits zugewanderten Familie nachziehen.

Geflüchtete bilden aufgrund der Krisen in vielen Regionen der Welt inzwischen einen bedeutsamen Anteil der Zugewanderten. Allerdings sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Zugang von Migrant*innen ohne deutsche Staatsangehörigkeit – und somit auch von Geflüchteten – zu behinderungsspezifischen Sozialleistungen äußerst komplex, weil für den Zugang sowohl das Aufenthaltsrecht als auch das Rehabilitationsrecht maßgeblich ist. Ob und welche Sozialleistungen die betreffende Person erhalten kann, hängt von ihrem jeweiligen Aufenthaltspapier, ihrem Herkunftsland und ihrem Einreisedatum ab.

Sozialleistungen für Migrant*innen insbesondere mit Fluchthintergrund

Im Vordergrund der Roadbox stehen Fragen zum Zugang zu Sozialleistungen für Migrant*innen mit Fluchthintergrund, die im deutschen Aufenthaltsrecht zu den „Drittstaatenangehörigen“ gehören, die also nicht Staatsangehörige eines EU-Mitgliedsstaates sind. Sie lassen sich zwei Teilgruppen zuordnen:

    1. Drittstaatenangehörige mit Aufenthaltstitel
    2. Drittstaatenangehörige mit Ankunftsnachweis, Aufenthaltsgestattung oder Duldung (sie werden häufig als „Asylsuchende“ und „Geduldete“ bezeichnet).

Entsprechend unterschiedlich sind ihre Ansprüche auf die Bewilligung von Leistungen.

Weitere Informationen zu Drittstaatenangehörigen vgl. „Nützliches Wissen für die Beratung

Daneben gibt es die Gruppe der Unionsbürger*innen, die Staatsangehörige eines anderen EU-Mitgliedstaates sind. Sie werden unterschieden in (1) Unionsbürger*innen mit materiellem Aufenthaltsrecht und (2) Unionsbürger*innen ohne materielles Aufenthaltsrecht. Unionsbürger*innen brauchen zwar für die Einreise nach Deutschland kein Visum und für den Aufenthalt keinen von der Ausländerbehörde erteilten Aufenthaltstitel. Für einen längeren Aufenthalt benötigen sie allerdings ein sogenanntes materielles Aufenthaltsrecht, auch Freizügigkeitsrecht genannt. Fehlt dieses, kann die Ausländerbehörde dessen Verlust feststellen und damit werden auch Unionsbürger*innen ausreisepflichtig. Das materielle Aufenthaltsrecht beziehungsweise die Freizügigkeitsberechtigung der Betroffenen kann vor allem darauf beruhen, dass sie sich als Arbeitsnehmer*innen, Auszubildende, Arbeitssuchende oder Selbständige hier aufhalten oder ein Aufenthaltsrecht als Familienangehörige oder wegen des Schulbesuchs der Kinder haben.

Weitere Informationen zu Unionsbürger*innen vgl. Leitfaden S. 14 f.

Video: "Leistungsansprüche Geflüchteter mit Behinderungen"

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Nützliche Informationen für die Beratung

Der Gewährung von Sozialleistungen für ausländische Staatsangehörige liegt eine komplexe Rechtslage zugrunde. Daher ist es zielführend, über einige übergeordnete Aspekte vorab informiert zu sein, das heißt zum Aufenthaltsstatus und Aufenthaltspapieren, zum Lebensunterhalt, zum höherrangigen Recht und zum Vorgehen in der Beratung.

Aufenthaltsstatus und Aufenthaltspapiere

Der Lebensunterhalt

Für die Beratung von Migrant*innen mit einer Behinderung ist es in vielen Fällen wichtig, zu wissen, welche Sozialleistungen sie zur Sicherung ihres Lebensunterhalts erhalten können. Diese Sozialleistungen haben sowohl Einfluss auf den Erhalt behinderungsspezifischer Leistungen als auch auf die Zuständigkeit des Kostenträgers. Welche Sozialleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erbracht werden, richtet sich nach dem Aufenthaltspapier und der Aufenthaltsdauer.

Das höherrangige Recht

Zum Vorgehen in der Beratung

Die einzelnen Sozialleistungen für Migrant*innen mit Behinderung

Überblick über Leistungsgruppen und -träger

Welche Stelle für die Bewilligung einer Leistung – beispielsweise eines Hörgeräts oder einer Schulbegleitung – zuständig ist, hängt von der Leistungsgruppe der Sozialleistung (Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe an Bildung etc.) und von dem Aufenthaltspapier des Betroffenen ab.

In vielen Fällen sind für Sozialleistungen für Menschen mit einer Behinderung die folgenden Stellen zuständig:

  • die gesetzliche Krankenkasse für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
  • die gesetzliche Pflegeversicherung für Leistungen zur Pflege,
  • die Bundesagentur für Arbeit für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,
  • der Träger der Eingliederungshilfe für Leistungen zur sozialen Teilhabe und zur Teilhabe an Bildung und
  • das Sozialamt für Asylsuchende und Geduldete, die noch keine 18 Monate hier leben.

Als Eingliederungshilfe werden Sozialleistungen bezeichnet, die Menschen mit einer Behinderung aufgrund ihrer Beeinträchtigung erhalten. Sie soll eine individuelle und möglichst selbstbestimmte Lebensführung und die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen. Die Sozialleistungen sollen vor allem die soziale Teilhabe und die Teilhabe an Bildung und am Arbeitsleben sowie die medizinische Rehabilitation möglich machen bzw. sie unterstützen.

Der Träger der Eingliederungshilfe oder das Jugendamt bewilligen eine Leistung (zum Beispiel das Budget für Arbeit) als Eingliederungshilfe, wenn kein anderer Träger für diese Leistung zuständig ist. Das ist häufig der Fall bei Leistungen zur sozialen Teilhabe und zur Teilhabe an Bildung sowie bei wenigen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (Leistungen im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen, Budget für Arbeit); Leistungen zur medizinischen Rehabilitation werden selten als Eingliederungshilfe erbracht.

Das Jugendamt erbringt Eingliederungshilfe nur, wenn junge Menschen eine seelische Behinderung haben. Migrant*innen haben den gleichen Zugang zu allen Leistungen des Jugendamts wie Inländer*innen.

Im Einzelfall kann für Leistungen der Sozialen Teilhabe aber auch die gesetzliche Unfallversicherung zuständig sein.

Zuständigkeit der Leistungsträger

Die Voraussetzungen für den Zugang der verschiedenen Migrant*innengruppen zu Sozialleistungen werden im Folgenden ausführlich erklärt.

Medizinische Rehabilitation und Pflege

Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Pflege ist oft die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung oder das Sozialamt zuständig.

Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sollen dazu dienen, Behinderungen einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen oder eine Verschlimmerung zu verhüten.

Durch Leistungen zur Pflege soll Personen Hilfe geleistet werden, die wegen der Schwere der Pflegebedürftigkeit auf Unterstützung angewiesen sind.

Soziale Teilhabe und Teilhabe an Bildung

Leistungen zur sozialen Teilhabe sollen eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ermöglichen oder erleichtern. Hierzu gehört die Unterstützung Leistungsberechtigter bei einem möglichst selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Leben in ihrem eigenen Wohn- und Sozialraum.

Durch Leistungen zur Teilhabe an Bildung sollen Menschen mit Behinderungen Bildungsangebote gleichberechtigt wahrnehmen können.

Teilhabe am Arbeitsleben

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sollen die Erwerbsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohter Menschen erhalten, verbessern oder (wieder-)herstellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer sichern.

FAQ Schwerbehinderung

Menschen mit einer Behinderung oder einer Krankheit, die zu einer Behinderung geführt hat, können unter bestimmten Voraussetzungen einen Schwerbehindertenausweis erhalten.

Der Schwerbehindertenausweis dokumentiert das Vorliegen einer Behinderung und deren Grad. Die Möglichkeit, ihn zu beantragen, kennen manche Betroffene nicht. Mitunter haben sie auch Angst vor zusätzlicher Diskriminierung.

Durchsetzung des Rechts auf Leistungen

Vor dem Hintergrund der komplexen Rechtlage bei Überschneidungen von Sozial-, Aufenthalts- und Asylrecht kommt es in der Praxis oft vor, dass Migrant*innen Schwierigkeiten haben, ihre Ansprüche auf Sozialleistungen durchzusetzen. Häufig werden sie abgewiesen, weil Beratungsstellen, oder von Amts wegen zuständige Stellen beziehungsweise Leistungsträger überfordert sind. Insbesondere Personen mit einer Aufenthaltsgestattung oder mit einer Duldung wird häufig mitgeteilt, dass sie wegen ihres Aufenthaltspapieres keine Ansprüche hätten, was in vielen Fällen nicht zutrifft. Demzufolge werden Anträge häufig gar nicht erst entgegen genommen beziehungsweise abgelehnt.

Hier finden Sie Antworten auf Fragen, die für die Antragsvorbereitung relevant sind und Handlungsoptionen, um die Betroffenen bei der Durchsetzung ihrer Rechte zu unterstützen.

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